Corona Krise – diesmal kracht es richtig, oder?

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Die letzte Dekade seit der Finanzkrise im Jahr 2008 war ein Paradies für Aktien-Sparer. Nachdem im Frühjahr 2009 mit ca. 53% Verlust der Tiefpunkt der Krise erreicht war, lag die durchschnittliche reale Rendite in den darauffolgenden 10 Jahren bei 15,2% pro Jahr. Die Volatilität war gleichzeitig historisch gering.

Es verwundert also nicht, dass in den letzten Jahren immer mehr Marktteilnehmer den Aktienmarkt als renditestarke Alternative zu inzwischen kaum noch auskömmlichen Festzinsanlagen für sich entdeckt haben. Für nicht wenige wird die aktuelle Corona-Krise der erste echte Markteinbruch sein. Und von diesen Anlegern werden die allermeisten bei einem kurzen Blick ins Depot viel Rot sehen. Die Krise hat innerhalb kürzester Zeit die Erträge der letzten Jahre brutal vernichtet. Der Aktienmarkt zeigt sich von seiner rauen Seite. Sind wir vorher lange Zeit bei ruhiger See und blauem Himmel gesegelt, befinden wir uns plötzlich inmitten eines stürmischen Orkans, bei dem ein Kaventsmann nach dem anderen auf Deck einschlägt. Einige Einschläge in den letzten Wochen waren dabei so heftig, dass jahrzehntealte, historische Rekorde gebrochen wurden.

Innerhalb kürzester Zeit haben die Top 20 der schlimmsten Handelstage der letzten 120 Jahre gleich drei neue Einträge erhalten. Der bisherige erste Platz wurde zum Glück nicht von seinem Thron verdrängt. Schlimmer war in dieser Statistik nur der größte Crash aller Zeiten, die Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929.

Kein Wunder also, dass junge Matrosen bei diesem Wellengang in Panik geraten, manch einer aus Verzweiflung sogar von Bord springt.

Odysseus würde wahrscheinlich seinen Depot-Zugang löschen

Ich persönlich empfehle jedem, dessen Nerven nicht stark genug sind diese Irrfahrt bis zum Ende durchzuhalten, wie Odysseus mit den Sirenen zu verfahren: er erteilte mit klarem Verstand seinen Mannen den Befehl, ihn vor Erreichen der Sirenen-Insel an den Mast seines Schiffes festzubinden. So konnte er dem Klang der Sirenen lauschen, ohne dabei zu riskieren den Verstand zu verlieren und ihrem Lockruf in den sicheren Tod zu folgen. Und genau so sollten es auch verunsicherte Privatanleger mit dem Depot halten. Denn bis vor kurzem warst Du sicherlich noch fest entschlossen, trotz Krise einfach Dein Ding weiter durchzuziehen. An diesem Vorhaben, beschlossen in ruhigen Zeiten klarer Gedanken, solltest Du unbedingt festhalten. Auch wenn die Sirenen des Marktes Dir eindringlich suggerieren, dass diesmal wirklich alles anders ist. Ist es nicht!

Wer nichts weiß muss alles glauben (Marie v. Ebner-Eschenbach)

Wer nicht so radikal wie Odysseus sein kann, der läuft Gefahr vor lauter Presse-Feuerwerk und Crash Propheten verrückt zu werden. Der beste Schutz ist Wissen über die Kapitalmärkte, in diesen Zeiten insbesondere Wissen über den Ablauf von Krisen an den Märkten. Denn es gibt ein Verhaltensmuster das seit über 120 Jahren stabil ist, und daher auch in dieser Krise fest eingeplant werden sollte: das schnelle Zurückschnalzen der Kurse nach heftigen Einbrüchen. Die folgende Tabelle zeigt die Bärenmärkte, d.h. Kursrücksetzer größer -20%, der letzten 120 Jahre. Neben der Information wie hoch der maximale Verlust war und wie lange die Krise insgesamt andauerte, liegt der Fokus der Daten auf der anschließenden Erholung. Und zwar habe ich ermittelt, wie hoch die durchschnittliche reale und nominale Rendite p.a. in den 5 bzw. 10 Jahren nach Eintritt des maximalen Verlustes war (gelber Bereich):

Das Ergebnis ist erstaunlich und erfreulich zugleich! Zeigt es doch, dass im Anschluss an die Krise üppige Renditen zu erwarten sind, die unsere Wunden schnell heilen lassen. In den ersten 5 Jahren nach Erreichen des Kurstiefs betrug in den darauffolgenden 5 Jahren die durchschnittliche, historische Rendite (pro Jahr!) 16,9% nominal bzw. 12,6% real. Und auch in den 10 Jahren nach Durchschreiten der Talsohle lagen die erzielten Renditen bisher regelmäßig weit über dem langfristig beobachteten Mittelwert. Weitere Fakten zu historischen Krisen findest Du ansonsten hier und hier.

Und genau so wird es diesmal auch wieder sein!

Wer daran nicht glauben kann, der hätte besser erst gar nicht in den Aktienmarkt investieren sollen. Denn basiert unser aller Business Case nicht auch zu großen Teilen auf dem Lindy Effekt? Dieser besagt, dass in der Vergangenheit beobachtete Muster sich desto wahrscheinlicher auch in der Zukunft fortsetzen, je länger diese bisher beobachtet wurden. Soll heißen, wir alle haben in dem festen Glauben daran investiert, dass sich die historisch beobachtete, durchschnittliche Rendite von 7% p.a. auch zukünftig einstellen wird. Weshalb sollte man dann annehmen, dass die Erholung nach der gegenwärtigen Krise anders als bisher verlaufen wird?

Wen die Historie nicht voll überzeugt, dem hilft vielleicht das hinter diesem Effekt stehende theoretische Konstrukt. Das folgende Modell erklärt, wieso es nach heftigen Krisen regelmäßig zu Überrenditen kommt. Der Chart zeigt auf der linken Achse drei Kursverläufe:

  1. Der theoretische Kursverlauf: dies ist der Verlauf ohne Krise. Hier gehe ich von der Grundannahme aus, dass der Aktienmarkt pro Jahr um 7% steigt. Daraus ergibt sich ein langfristig exponentielles Wachstum.
  2. Der gerechtfertigte Verlauf nach Krise: durch einen negativen Schock kommt es zu einem echten Verlust von 25%. Dieser ist dadurch begründet, dass der Schock den gegenwärtigen Substanzwert und / oder die zukünftig erwarteten Gewinne reduziert. Anschließend wächst der Markt wieder konstant mit 7% p.a., bleibt jedoch permanent unter dem Verlauf ohne Krise. Es handelt sich demnach um einen realen Wohlstandsverlust.
  3. Der tatsächliche Verlauf: Dies ist der Verlauf wie wir ihn tatsächlich beobachten. Neben dem gerechtfertigten Einbruch i.H.v. 25%, bewirken ungerechtfertigte Panikverkäufe einen zusätzlichen Einbruch von weiteren 25%. Der Unterschied zum gerechtfertigten Verlauf (2) ist jedoch, dass der Markt anschließend nicht einfach mit 7% p.a. weiterläuft. Stattdessen werden die durch Panikverkäufe verursachten Kursverluste im Zeitablauf wieder ausgeglichen. Und genau dieses Ausgleichen, die Rückkehr zum gerechtfertigten Verlauf, beschert uns die nach Kurseinbrüchen beobachteten Überrenditen.

Auf der rechten Achse ist die Rendite p.a. abgetragen. Man sieht sehr deutlich, dass diese in den Jahren nach Erreichen des Tiefpunkts in der Krise überproportional hoch ist. Die hohen Wachstumsraten sind notwendig, um die Lücke zwischen dem tatsächlichen Verlauf und dem gerechtfertigten Verlauf wieder zu schließen. Und dass es auch in der aktuellen Krise wieder nur so vor Angst und Panik wimmelt, daran wird sicherlich niemand zweifeln.

Was bedeutet diese Erkenntnis für unsere Altersvorsorge und FIRE?

Die Königsdisziplin der privaten Altersvorsorge heißt FIRE, was für Financial Independence, Retire Early steht. Konkret geht es darum, noch vor Beginn der gesetzlichen Rente den Ruhestand zu beginnen, bzw. die Möglichkeit dazu zu haben (finanzielle Unabhängigkeit). Jeder der sich für dieses Thema interessiert hat bestimmt auch schon mal einen der vielen Rechner im Internet ausprobiert. In diesem Artikel präsentiere ich eine grafische Darstellung der Ergebnisse. Aus dieser Grafik lässt sich sehr leicht ablesen, wie lange es bei den gegebenen Parametern Sparquote, Rendite, Kapital und Sicherheitsbedürfnis dauert um die finanzielle Freiheit zu erreichen. Hier noch mal die Darstellung für eine jährliche Rendite von 7% p.a. inklusive Lese-Beispiel:

In dem Beispiel hat ein Sparer bereits 10 Jahresausgaben gespart. Die Sparquote beträgt 20%.

  1. Die 10-Jahresausgaben Kapitallinie schneidet die 20% Sparquotenkurve bei ca. 19 Jahren
  2. Die 20% Sparquotenkurve schneidet die Kapitallinie der 4%-Regel bei ca. 30,5 Jahren
  3. Die Differenz beträgt 30,5 – 19 = 11,5 Jahre. Der Sparer benötigt also noch weitere 11,5 Jahre bei 20% Sparquote, um finanziell frei zu sein.

Nach einer Krise ist anlog vorzugehen. Der wesentliche Unterschied liegt jedoch in der angenommenen Rendite und der Neubewertung der vorhandenen Ersparnisse. Letztere werden durch den Kurseinbruch reduziert sein. Jemand der vor der Krise bereits das 20-fache der eigenen, jährlichen Ausgaben angespart hatte, bleiben nach 50% Kurseinbruch nur noch Ersparnisse in Höhe der 10-fachen Jahresausgaben. Gleichzeitig steigt jedoch auch die jährliche Rendite während der Erholungsphase, wie oben gezeigt, signifikant an. Mit einer realen Rendite von 9% p.a. (= reale Rendite in den ersten 10 Jahren nach dem Crash, siehe Tabelle oben) sieht die Grafik wie folgt aus:

Wer also wissen will, um wie viele Jahre sich das Erreichen der finanziellen Unabhängigkeit durch die Krise verzögert, der arbeitet unmittelbar nach dem Crash mit dieser Grafik. Neben einem geringeren Vermögen und einer höheren Rendite für die nächsten 5-10 Jahre, kann auch eine veränderte Sparquote simuliert werden. Denn die Auswirkungen der Krise sind real. Manch einer wird nach der Krise ein verändertes Marktumfeld vorfinden oder einen neuen Job beginnen. Konsequenz kann eine reduzierte Sparquote sein, wodurch sich das Erreichen der finanziellen Unabhängigkeit zusätzlich verzögert.

Ein Lesebeispiel zur Grafik oben: der Sparer aus dem Beispiel oben hatte vor der Krise bereits 10 Jahresausgaben gespart. Nach einem Kurseinbruch von 50% beträgt der Depotwert nur noch 5 Jahresausgaben. Die Sparquote wird darüber hinaus wegen geringerer Einnahmen auf 10% reduziert. Zuvor hätte es noch 11,5 Jahre bis zur finanziellen Freiheit gebraucht. Jetzt mit den neuen Parametern beträgt die verbleibende Zeit noch 17 Jahre. Also insgesamt nur 6,5 Jahre mehr, und das obwohl sogar die Sparquote halbiert wurde! Mit konstanter Sparquote von 20% wäre das Ziel der finanziellen Freiheit nach dem Crash 13,5 Jahre entfernt, lediglich 2 Jahre später als ursprünglich geplant. Der Korrektur der Übertreibung sei Dank!

Eine ruhige Hand schützt vor dem finanziellen Super-GAU

Wer einen kühlen Kopf bewahrt und der Versuchung eines Panik-Verkaufs kurz vor dem vermeintlichen Weltuntergang wiederstehen kann, der wird weitestgehend unbeschadet aus der Krise hervorgehen. Denn die überdurchschnittlich hohen Renditen während der anschließenden Erholung haben einen starken Effekt. Ohne diese Kompensation gäbe es auch nicht die berühmte Regression zum Mittelwert.

Und wer trotz Krise und Depoteinbruch von den eigenen Ersparnissen leben will, der kann auch etwas aufatmen. Die folgende Tabelle zeigt, wie sich die sichere Entnahmerate nach einem Kurseinbruch verhält:

Beispiel: vor Ausbruch der Corona-Krise lag das Welt-CAPE bei ca. 25. Dem entsprechend lag die sichere Entnahmerate bei 3,2% p.a. Unter der Annahme eines 50%igen Kurseinbruchs verringert sich das CAPE auf 12,5. Die neue sichere Entnahmerate liegt dann bei 4,53%

Die gleichen Kräfte, die auch zu einer raschen Erholung unseres Portfolios führen, erlauben nämlich auch eine höhere sichere Entnahmerate nach einem Crash. Die genauen Hintergründe erfährst Du in diesem Artikel.

Und wenn alle Stricke reißen, bleibt noch das Vertrauen in das rheinische Grundgesetz: Et hätt noch emmer joot jejange!

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Sven Nicolaus
Sven Nicolaus
4 Jahre zuvor

Super Artikel, vielen Dank für die tollen Grafiken, welche das gelesene noch viel greifbarer machen. Werd den Blogbeitrag gleich nochmal lesen 😉

Tino
Tino
4 Jahre zuvor

Toller Artikel!

Weiter so.
Viele Grüße
Tino

Joerg
Joerg
4 Jahre zuvor

Ja, sehr schoene Arbeit, danke, Georg.

Oder pers. Vermoegen halt auf 200 Wochendurchschnitt (4 Jahresdurchschnitt) beziehen (sich geglaettet, aermer rechnen)?

pers. Depot-Vermoegen [€] x wGD200 vom pers. Index (zB MSCI ACWI IMI ETF-Kurs) / IST pers.Index = 25x Ausgabenziel [€]/a, funktioniert direkt, ohne den CAPE-Umweg, oder?

Bsp:
Fuer IE00B3YLTY66 bei Comdirect die Kursdaten heruntergeladen (woechentlich). Mit den Schlusskursen die fortlaufenden 200-Wochen GD berechnet (Mittelwerte)
Angenommen das Depot war Mitte Feb. 300k€ gross (4% entspraeche 12k oder 1k/mo, Ziel erreicht???), aber die Berechnung mit dem w200GD sagt:
ETF-Kurs 12.02.20 = 142,06€ w200GD = 111,35€ also ist das geglaettete Vermoegen auch nur 111,35€/142,06€ = 0,7838 x 300k€ = 235k€
Dein „passives Einkommen“ durch ETF-Verkaeufe koennte also realistisch erst 0,04 x 235k€ = 9,4k€ pro Jahr (vor Steuern und Abgaben) sein.

Inzwischen sind die Boersen abgestuerzt. Jetzt ist das Depot nur noch 300k€ * 101,9(18.03.20) / 142,06(12.02.20) = 215k€ gross.

Wie sieht es jetzt aus?
ETF-Kurs 18.03.20 = 101,90€ w200GD = 112,01€ also betraegt das geglaettete Vermoegen 112,01€/101,90€ = 236k€ (aha, sogar etw „mehr“ geworden, trotz Crash)
Dein „passives Einkommen“ durch ETF-Verkaeufe koennte also 0,04 x 236k€ = 9,4k€ pro Jahr (vor Steuern und Abgaben) sein (= nix passiert!).

Fazit: eine Glaettung (zB 200-Wochen-GD) hilft ein realistisches Bild auf dein Vermoegen zu bekommen und bewahrt dich vor zu optimistischer oder zu pessimistischer Sichtweise entlang der Boersenzyklen.
Dadurch bist du in Euphorien geerdet und in Depressionen ermutigt? Komplizierte CAPE oder andere Bewertungsmasstaebe sind unnoetig?

LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Danke, Georg,

ja, das finde ich interessant. Siehst du meine Email-Adresse, die ich jedesmal brav in die Kommentarfunktion eingebe? Allerdings sind meine xls-Kenntnisse verglichen mit Dir eher Grundschul-Niveau 😉

Meinst du 20Jahres GD? Das waere ja demotivierend lang? Hoffte, schon mit 4Jahres GD vernuenftige Glaettung zu erhalten …?

„Man bräuchte sehr gute eigene Aufzeichnungen, und müsste Zukäufe, Verkäufe, Dividenden etc in der Berechnung korrigieren.“ Das verstehe ich nicht?
Ich brauche nur einen Index, der meinem Ist-Depot-Bestand entspricht, oder? Das meintest Du mit dem naechsten Satz, „Oder man hat einfach nur ETFs in z.B. MSCI World oder EM und beschafft sich eine Kurshistorie, das wäre sicherlich am sinnvollsten.“ oder?
Ja, genau, mit 3 ETF als Index (MSCI WORLD, MSCI EM, MSCI World SmCap) kann fast jedes Depot einfach abbilden/Korrekturfaktor berechnen (ggfls noch eine Prise Stoxx600, etc).

LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Danke, sieht lustig aus, zB bei Eingabe von 30 Jahren, aber das ist fuer mich nicht nachvollziehbar.
Sollte mit 30 Jahren nicht eine Super-Glaettung herauskommen? Irgendwie tut sich wenig mit den Ausreissern nach unten im unteren Diagramm (sollten die nicht von 2,5% Entnahme Richtung 4 ansteigen?) und das obere Diagramm macht lustige mehrgipflige Wellenreiter-Kapriolen? LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Moin Georg,
interessehalber: was passiert eigentlich, wenn man „4“ Jahre in das Formel Feld eingibt (mit deinen eigenen Worten erklaert)?

Was ich mir wuenschen wuerde, ist ja, mit 200-Wochen-GD-Werten bzw bei dir mit 46-Monats-Durchschnitten zu rechnen, anstatt mit den Orginalwerten. Dann muesste sich die sichere Entnahmerate in einem viel engeren Korridor bewegen? Oder?

Ich vermute bei Deinem Verfahren wird etwas anderes gemacht (hab‘ ich nicht genau verstanden, was).

LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Danke Georg,
das untere Diagramm mit den sicheren Entnahmeraten scheint sich nie zu veraendern, egal welche Jahreszahl ich eingebe? – aber egal.
das obere Diagramm zeigt eine Verschiebung der Punktewolke nach rechts, ok.
Ich fixiere jedoch jeweils die zwei „schlimmsten“ Punkte in der Wolke (so bei 2,5-2,8% Entnahmerate?) die bleiben immer auf diesem Niveaeu?!
Bei einer Berechnung, wie ich sie vorgeschlagen habe (Transformation der Orginalwerte auf deren 4Jahres-GD und Berechnung mit diesen), sollten die min. und max. Werte (Punkte) fuer die Entnahmerate jedoch deutlich zur Mitte schrumpfen?! Das scheint fuer deine Min/Max nicht zu gelten?
Deshalb vermute ich, dass irgendetwas bei deiner Berechnungsart substanziell verschieden ist (von meinem Vorschlag)?
LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Vielen Dank fuer deine Geduld mit mir und Dein Erklaeren!

Du hast vollkommen recht, die 4% kommen aus dem hohlen Bauch (OK, nicht ganz, die gaanz langfristige Realrendite ist ca. bei 5% p.a., bei gaanz langer Glaettung koennte man also vielleicht 4% „sicher“ entnehmen, 1% Puffer) und die 200 Wochen GD kommen aus der Charttechnik, oft als langfristiger, meist haltender Abprall-Region zwischen Kurs und GD (Jedenfalls bei den kuerzeren Baissen der letzten 30 Jahre in zB MSCI World).
Ich habe nicht deine Skills, deshalb freue ich mich ueber Deine Optimierung von Entnahme und GD.

Noch ein letztes zu: „Im Excel findest du in der Spalte J für jeden Monat der letzten 120 Jahre die maximal mögliche sichere Entnahmerate für einen 60-jährigen Entnahmezeitraum. Diese fliesst also als Input in meine Berechnung ein, und ist daher nicht veränderlich.“
Genau da bin ich mir unsicher: Ich meine, wegen des SoRRs muessten sichere Entnahmeraten auf den zB w200GD berechnet (statt auf den orginalen Monatswerten wie bei Dir) zu etwas hoeheren per se Entnahmeraten fuehren!?, weil ja in Baissen automatisch von einer hoeheren und in Haussen von einer niedrigeren Basis ausgegangen werden wuerde?
Oder ist das ein Denkfehler?
LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Danke Georg,

die Daten aus der xls konnte ich ueberkopieren, Formeln kommen aber keine mit …
Deshalb weiss ich jetzt nicht, wie die 60y SER berechnet wurde/kann es nicht selber.
(evtl kann ich es mit deiner Datei/Formeln?)

Allerdings verstehe ich deine Aussage nicht: „Die sichere Entnahmerate ist bei gegebener Rendite-Reihenfolge eindeutig ermittelbar. Es gibt nur eine Lösung.“
Die Renditereihenfolge auf den w200GD-transformierten Daten waere doch anders, oder? und bei einer Datenglaettung gaebe es viele Loesungen(je nach Glaettung, 4y 6y 8y usw), oder?

In der Evolution meines Verstaendnisses ist es ja nun suboptimal einfache Monats-Schlusskurse zu nehmen, weil ja diese ueber- oder untertrieben sein koennten. Durch die Rechnung auf geglaetteten Daten umgeht man dies (aber was ist die optimale Glaettung? die, bei der die sichere Entnahmerate maximiert werden wuerde. 60y ist vielleicht etwas ueberoptimistisch, 50y oder 40y duerften fuer mehr Leute interessant sein?).
Bildlich gesprochen: eine Punktewolke der Entnahmeraten, die eine geringe Streuung zeigt, und ein moeglichst hohes Minimum.

Oder was meinst Du?
LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Lieber Georg,
„Irgendwie verstehe ich glaube ich den Gedanken mit der Datenglättung nicht. In der Realität müsste sich dein Depot ja auch den realen Renditen und nicht irgendwelchen geglätteten Renditen stellen. Von daher muss man die SER auch mit diesen echten Renditen ermitteln.“
Das ist ja der wesentliche Trick: du rechnest deinen Depotstand bereinigt zum Verhaeltnis deines Ziel-Index aus! Dadurch umgehst Du Unter/Ueberbewertung des momentanen Ist-Wertes.
Man kann sich ja von zwei Seiten dem Entnaheme-Problem naehern: die Masse versucht auf einem wilden Zick-Zack-Kurs (Depot-Boersenwert) eine volatile Entnahmerate mit CAPE oder Floor/Ceiling, etc zu zaehmen. Viel einfacher und ohne externe Parameter (nur geglaetteter Kurs) rechnet man sich entsprechend aermer (Uebertreibung) oder reicher (Baisse). Das ist mE viel mehr straight-forward?
LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Georg
4 Jahre zuvor

Ja, hat mit Floor/Ceiling nix zu tun, stimmt.

„Ob du jetzt das Portfolio oder die Entnahmerate adjustierst ist wurst.“
Da bin ich mir nicht sicher, weil die Volatilitaet des Portfolios (Wertschwankungen) groesser ist, sollte das SoRR entlang des Entnahmepfades groesser sein als auf einem geglaetteten Depotwert?

Ausserdem ist jederzeit eine einfache(re) neue Berechnung/Adjustierung der Entnahmerate moeglich (on the fly)? Weil irgendwie muss ich ja schauen, ob es gerade eher ueber- oder unterbewertet ist, wenn ich in den Sack haue(aehm, mit Entsparen anfange)?

Wir koennen gerne telefonieren, habe dir Nr gemailt.
Gerne wuerde ich an Bsplen selber rechnen (oder wenn es fuer dich keine Muehe ist Du?),
wie/ob auf versch. geglaetteten S&P Daten die Entnahmeraten variieren?

LG Joerg

Joerg
Joerg
Reply to  Joerg
4 Jahre zuvor

Nach Beschaeftigung mit den Rohdaten von der MSCI.com Seite (MSCI ACWI IMI, Net, USD) vom Mai.1994 bis Feb.2020 und mehrer GDs (24m, 36m, 48m, 60m, 72m) in Excel:
Der „schlimmste“ Beginn fuer einen Entnahme-Start war der 31.03.2000, dort war ein lokales Hoch im MSCI ACWI IMI.
Unterwasser-Phase Apr.2000-Dez.2005 und dann Nov.2007-Jun.2013. Die 4% Entnahme vom Start-Vermoegen + 1,5% p.a. Inflationsausgleich haetten trotzdem bisher geklappt (Feb.2020), aber das verbliebene Vermoegen waere ab Feb.2020 unter den Faktor 100 gefallen (= 1 Monatsentnahme ist mehr als 1/100 vom Restvermoegen, also zB 1.000 EUR monatliche Entnahme bei Restvermoegen von unter 100k€), was ich pers. etw. als rote Linie betrachte.
Alle GD-Verfahren wurden dann mit alternativen Entnahmeraten zu diesem Zeitpunkt (Mrz.2000) verglichen.

Fazit:
Die hohle-Bauch-Idee mit 4% Entnahme auf einem woechentlGD200 ist zu konservativ(zu wenig wird entnommen, das verbleibende Kapital waechst zu stark).

Ja, Georg hat recht, es gibt beim Rueckblick auf den Entnahmepfad jeweils nur eine optimale Entnahmerate (analog zu einem Tilgungsplan).
Die Betrachtung gleitender Durchschnitte – statt der Kurse direkt – macht keinen Unterschied bezueglich der Entnahme-Hoehe oder des SoRR.
Es ist egal, ob man die SWR direkt auf den Kursen bestimmt oder „ueber Bande spielt“ mit GDs.

Die einzige Hilfe von GDs besteht darin, den Abstand des momentanen Depotwertes von den GDs zu erfassen und so fuer sich selbst zu beurteilen, ob man eher mit 4% Entnahmerate startet (hohe Bewertung, Depot-Wert ziemlich ueber dem GD) oder sogar mit 6% (niedrige Bewertung, Depotwert unter dem GD).
Eine gute Einschaetzung hat bereits der 36mGD gegeben, 48mGD noch konservativer und beim 72mGD waren die Zeiten vom Depot-Wert unter dem GD sogar sehr klein/irrelevant.

Ich hoere gerade einen empfehlenswerten Podcast von Michael Kitces auf ChooseFI (engl) google: Michael Kitces ChooseFI 171 flexible spending rules for early retirees:
– 4%-Regel war im Kontext damals revolutionaer, weil alle mit ueberoptimistischen 6-8% rechneten.
– fast immer (>95%) in der Historie konnte man aber mehr als 4% entnehmen
– er empfiehlt mit 5% zu starten und dann auf dem Weg (alle 3 Jahre) zu pruefen und ggfls zu adjustieren

Bei diesen Adjustierungen koennte die Betrachtung von Index-GDs helfen, die ueberwiegend deiner Asset-Allokation entsprechen, ohne auf eine Bewertungskennziffer angewiessen zu sein (zB CAPE)?

LG Joerg

Alex Schmitt
4 Jahre zuvor

Hallo,

schöner Artikel und klingt auch plausibel, aber ich bin mir da nicht sicher. Ich würde mir auch mal die Crashs 1929 mit Ursache und Wirkung anschauen und 1989 Japan, da war es nicht so viel mit Recovery nach 5 Jahren. Die Zinsen sind noch nicht normal!

Wenn die Kurse zu hoch sind, warum sollen sie anschließend die durchschnittliche Rendite erzielen. Und wenn sie nach einen Crash immer noch zu hoch sind? Vielleicht sind die 7% nicht die „Wahrheit“. Die durchschnittliche Rendite zu berechnen ist schwer, weil die Bewertung am Start- und Endzeitpunkt identisch sein muss. Aber zu welchen Zeitpunkten war das der Fall?

Was war die durchschnittliche Zeit für einen Bärenmarkt, abgesehen 1987? Wann ist es vorbei? Wenn es am Ende -90% gibt ist verkaufen bei -40% gar nicht so schlecht. So lange alle glauben es ist vorbei, ist es vielleicht nicht. Wenn noch keiner in Panik verkauft hat, gab es keine Panik. Wenn alle sagen, dass wird schlimmer als die Finanzkrise, mehr Schulden, härtere Rezession, etc., warum sollen die Kurse nicht noch tiefer fallen als damals? Oder wenigstens nur prozentual?
Lange Rede, ich weiß es auch nicht, habe bei 8.600 die ersten Käufe gemacht, bei 9.600 aber wieder verkauft etwas verkauft.

Grüße, Alex

PS: Bill Ackman hat es gewusst und 2,6 Mrd. verdient. John Paulsen Mrd. bei der Finanzkrise. Fisher Investments hat vor der DotCom Krise gewarnt. Einer weiß es immer… 😉