Mit diesem Artikel setzen wir die angekündigte Serie zum Thema gesetzliche Rentenversicherung fort. Heute geht es um die erwartete reale Nachsteuer-Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Betonung liegt dabei auf „erwartete“, denn die nachfolgenden Berechnungen treffen keine Annahme über die Bezugsdauer der Rente, sondern basieren auf den geschlechtsspezifischen Sterbetafeln. Wir betrachten in diesem Artikel die gesetzliche Rentenversicherung also aus der objektiven Perspektive derjenigen, die dafür verantwortlich sind, dass die Rechnung am Ende aufgeht: die Sozialpolitik. Erst im nächsten Artikel, nachdem die Mechanik im Hintergrund klar ist, kommen wir zur Bestimmung der individuellen Rendite.
Beginnend auf der grünen Wiese werden wir jetzt gemeinsam ein Modell zur Berechnung der erwarteten Rendite von Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung entwickeln. Dabei werden wir uns auch das eine oder andere interessante Zwischenergebnis anschauen, bis wir dann zum finalen Modell und Endergebnis gelangen: die Nachsteuerrendite der gesetzlichen Rentenversicherung.
Im Mittelpunkt der Methodik steht der interne Zinsfuß
Kern der Berechnung ist der sogenannte interne Zinsfuß. Der interne Zinsfuß beschreibt die Rendite unseres Finanzprojektes „Einzahlung in die Rentenkasse“. Er ist der Diskontierungszinssatz, bei dem der Barwert aller monatlichen Rentenzahlungen dem Wert der Investition heute entspricht.
Eine freiwillige Einzahlung in die gesetzliche Rentenkasse erzeugt eine Kombination aus einem einmaligen hohen Zahlungsausgang in der Gegenwart und mehreren monatlichen Zahlungseingängen in der Zukunft.
Beispiel: wer im Jahr 2020 den Betrag von 7.700,40 Euro in die Rentenkasse einzahlt, erhält dafür exakt einen Rentenpunkt. Gemäß heutiger Einwertung entspricht ein Rentenpunkt 34,19 Euro Rente pro Monat. Das macht 410,28 Euro Rente pro Jahr ab Erreichen der Regelaltersgrenze. In einem Balkendiagramm stellen sich die einzelnen Cash-Flows wie folgt dar:
In diesem Beispiel rentiert jeder eingezahlte Euro zukünftig mit 1,36% p.a.
Mit zunehmendem Alter steigt die gesamte Lebenserwartung
In dem Bild oben wird eine Rentenbezugsdauer von 23 Jahren, also bis zu einem Alter von 90 Jahren, angenommen. Im weiteren Verlauf dieser Analyse verzichten wir jedoch auf jegliche Annahme über die Rentenbezugsdauer (angenommene Lebenszeit). Stattdessen gewichten wir die zukünftigen Rentenzahlungen mit der Erlebenswahrscheinlichkeit, so wie auch eine Versicherung bei ihren internen Kalkulationen vorgeht.
Ein interessanter Aspekt: das Alter bei Einzahlung ist für die Höhe der erwarteten Zahlungen und den internen Zinsfuß von Bedeutung, denn mit zunehmendem Alter steigt die Lebenserwartung und damit auch die Rentenbezugsdauer.
Warum ist das so? Der Ältere hat bereits mehr Lebensrisiken erfolgreich überstanden und damit eine höhere gesamte Lebenserwartung. Ein extremes Beispiel: ca. ein Drittel aller 99-Jährigen erreichen statistisch gesehen das 100. Lebensjahr. Für ein Baby ist die Wahrscheinlichkeit 100 Jahre alt zu werden dagegen kleiner als 1%. Mit dem Alter steigt erfreulicherweise auch die gesamte Lebenserwartung. Dies bewirkt im Kontext der Rente, dass spätere Einzahlungen allgemein höhere erwartete Rückzahlungen produzieren.
Ein durchschnittlicher heute 60-jähriger wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 91,14% den Rentenbeginn mit 67 erleben. Wäre unser Proband heute dagegen nur 50 Jahre alt, dann hätte er noch einige tödliche Gefahren zu bestehen. Die Wahrscheinlichkeit den eigenen Rentenbeginn zu erleben betrüge lediglich 85,86%!
Gemäß Statistik wird also der heute 60-jähriger Mann mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 91,14% den Beginn seiner Rente in 7 Jahren erleben. Deshalb ist bei der Berechnung des internen Zinsfußes die Höhe der zukünftigen Rentenzahlung mit der Erlebenswahrscheinlichkeit zu multiplizieren. Je weiter eine Zahlung in der Zukunft liegt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit diese noch zu erleben. Damit erübrigt sich jede Annahme was die Dauer des Rentenbezugs betrifft und das Ergebnis entspricht exakt dem Erwartungswert. Es handelt sich also um eine neutrale Betrachtung ohne Berücksichtigung individueller Komponenten wie etwa „guter Gene“ oder Vorerkrankungen.
Frauen haben eine höhere Lebenserwartung als Männer
Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise: auch geschlechtsspezifische Unterschiede fließen exakt ein. Frauen haben bekanntlich eine höhere Lebenserwartung als Männer. Da aber der Gesetzgeber sowohl bei den Einzahlungen als auch bei der Rentenhöhe Männer und Frauen gleichbehandelt, profitieren Frauen erwartungsgemäß mehr von Einzahlungen in die Rentenversicherung. Diese Tatsache wird hier korrekt abgebildet, indem die zukünftigen Zahlungen für eine Rentnerin mit entsprechend höheren Gewichten versehen werden.
Für eine(n) 60-Jährigen(n), die / der heute 7.700,40 Euro zwecks Aufstockung der Rente um 410,28 Euro brutto p.a. investiert, ergibt sich auf Basis der Deutschen Sterbestatistik ab einem Alter von 67 folgendes adjustiertes Cash-Flow Profil:
Ein erster, noch unvollständiger Blick auf die Rendite
Die folgende Tabelle erlaubt einen ersten Blick auf das Ergebnis. Wir berechnen für beide Geschlechter die Rendite einer Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung in Abhängigkeit vom Alter. Zudem gilt hier (noch) die Annahme, dass die Höhe der Rentenzahlungen inflationsbereinigt konstant bleibt.
Das Ergebnis wirft beim genauen Hinsehen Fragen auf: wieso steigt die Rendite im Zeitablauf bei Frauen, während es sich bei den Männern umgekehrt verhält? Ist es etwa für Frauen vorteilhafter möglichst spät in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen? Während Männer von einer möglichst frühen Zahlung zu profitieren scheinen, denn da ist die Rendite, wenn auch negativ, höher?
Schauen wir uns zuerst die Situation der Frauen an: mit zunehmendem Alter steigt der interne Zinsfuß bzw. die Rendite. Dies hat 2 Gründe:
1) die Rente beginnt hier mit 67 Jahren. Je später die Einzahlung erfolgt, desto näher liegen Einzahlung und Auszahlung beieinander. Und für die (positive) Rendite gilt: je früher ich Zahlungen erhalte, desto höher ist die Rendite.
2) mit zunehmendem Alter steigt zusätzlich noch, wie oben bereits erwähnt, die Lebenserwartung. Entsprechend höhere erwartete Rentenbezüge steigern die Rendite also zusätzlich.
Bei Frauen ist somit alles erwartungsgemäß. Der Break-Even liegt bei ca. 59 Jahren. Ab diesem Alter haben Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung eine positive erwartete Rendite. Doch was ist bei den Männern los? Hier verhält es sich umgekehrt. Ist eine Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung für einen 50-jährigen Mann wirklich vorteilhafter als für einen 66-Jährigen?
Der interne Zinsfuß führt uns an dieser Stelle je nach Präferenz in Richtung maximaler Rendite oder maximaler Rückzahlungsbeträge möglicherweise in die Irre. Die durchschnittliche Rendite ist zwar korrekt berechnet, jedoch sollte diese nicht in jedem Fall ausschließlich zur Entscheidung über den optimalen Einzahlungszeitpunkt herangezogen werden. Was meine ich damit genau? Der oder die eine oder andere hat bestimmt schon mal einen Kurs in Investitionstheorie belegt und erinnert sich noch: interner Zinsfuß und Barwert zeigen nicht immer in die gleiche Richtung. Im Klartext heisst das: das Projekt mit der höchsten Rendite ist nicht zwangsläufig auch immer jenes, welches am meisten Geld in die Kasse spült. Rendite und Barwert können unter bestimmten Umständen verschiedene Empfehlungen aussprechen.
Ein Vergleich mit dem Barwert lohnt sich immer
Bestimmen wir beispielsweise den Barwert der erwarteten Rückflüsse einer Investition i.H.v. 7.700.40 Euro (entspricht 1 Rentenpunkt) für beide Geschlechter mit einem risikolosen Zinssatz von 0%, dann sieht das Ergebnis wie folgt aus:
Aus dieser Perspektive profitieren auch die Männer von späteren Einzahlungen. Ziel des Artikels ist es zwar die Rendite von Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung korrekt zu ermitteln. Trotzdem sollten wir parallel auch immer einen Blick auf den Barwert (die Summe aller erhaltenen Monatsrenten) werfen, um nicht versehentlich Schlüsse zu ziehen, die nicht im Einklang mit den persönlichen Präferenzen stehen. Denn für einige mag die Summe der monatlichen Renten, die er oder sie bis zum Ableben erhalten wird, wichtiger sein als die Rendite in Prozent.
An dieser Stelle also noch mal deutlich: beide Geschlechter profitieren aus der Perspektive der Maximierung der Rückzahlungssumme von einer möglichst späten Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung. Dies liegt an der Lebenserwartung, die wie oben beschrieben, mit steigendem Alter zunimmt.
Bei der Prozent-Rendite ist dies bei den Männern jedoch nicht der Fall. Die erwartete Rendite der gesetzlichen Rente ist für Männer negativ und nimmt mit zunehmendem Alter ab. Analog dazu liegt beim Mann auch der erwartete Rückzahlungsbetrag (Summe der erhaltenen Monatsrenten) stets unterhalb des ursprünglichen Investments von 7.700,40 Euro je Rentenpunkt.
Anders bei der Frau: Ab einem Alter von 59 ist nicht nur die Rendite, sondern auch die Differenz aus Summe der Renten und ursprünglichem Investment positiv. Bei Frauen kommen interner Zinsfuß und Barwert also zur gleichen Entscheidung. Ein Sexist sei, wer an dieser Stelle zu dem Schluss kommt, dass die Rendite der Frauen von den Männern finanziert wird!
Wer jetzt noch ganz tief eintauchen und wissen will, wann Rendite und Barwert in verschiedene Richtungen deuten, der findet hier die (nicht ganz triviale) Erklärung: werden zwei negative interne Zinsfüße miteinander verglichen und liegt der Zins, bei dem sich die beiden Barwerte der jeweiligen Zahlungsströme entsprechen oberhalb der beiden internen Zinsfüße und unterhalb eines sinnvollen Kalkulationszinssatzes, dann führt eine Auswahl auf Basis der maximalen Rendite nicht unbedingt zu einer optimalen Entscheidung.
Beispiel zur Veranschaulichung: Berechnet man sowohl für den 50-Jährigen als auch für den 66-Jährigen den Barwert der erwarteten Rentenzahlungen, dann entsprechen sich beide Barwerte bei einem Diskontzinssatz i.H.v. -0,845%. Dieser Diskontsatz liegt oberhalb der beiden Vergleichsrenditen -0,96% und -1,13%. Liegt der verwendete Diskontsatz darüber, dann ist der 66-Jährige im Vorteil und umgekehrt. Zukünftige Rentenzahlungen werden sinnvollerweise mit dem risikolosen Zins diskontiert. Liegt dieser unterhalb dieser Schwelle, dann ist der interne Zinsfuß eindeutig, andernfalls nicht. Und derzeit liegt der risikolose Zins eben noch oberhalb die von -0,845% (Gott sei Dank!), weshalb wir die Rendite hier nicht als ausschließliches Kriterium zur Entscheidungsfindung heranziehen können.
Jetzt erweitern wir das Modell um das reale Rentenwachstum
Eine weitere wichtige Größe zur Bestimmung der Vorteilhaftigkeit ist die reale Wachstumsrate der zukünftigen Rentenzahlungen. Wir freuen uns bekanntlich jedes Mal, wenn wir aus den Medien erfahren, dass die Renten angepasst werden, der Wert eines Rentenpunktes steigt. Bisher haben wir angenommen, dass die Rente im Zeitablauf inflationsbereinigt stabil bleibt.
Je höher die reale Wachstumsrate, desto höher ist die interne Verzinsung bei sonst gleichen Parametern. Die folgenden beiden Tabellen zeigen, wie die Einflussgrößen Alter und reales Rentenwachstum zusammenwirken, einmal für Männer und einmal für Frauen. Zunächst berechnen wir die jährliche reale Rendite einer Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung für Männer:
Und hier für Frauen:
In beiden Tabellen sind jeweils vier Spalten ausgegraut. Hierbei handelt es sich um Fälle bei denen wie zuvor beschrieben Rendite und Barwert (Rückzahlungssumme) zu unterschiedlichen Schlüssen führen.
Beispiel: in der Tabelle oben, rechte Spalte (Wachstum = 2%) sieht man, dass für Frauen die Rendite einer Einzahlung mit zunehmendem Alter steigt. In der nächsten Tabelle (unten) sieht man dagegen, dass die Summe der Rückzahlungen in der Spalte „2% Wachstum“ mit zunehmendem Alter abnimmt. Beides ist richtig, je nach persönlicher Präferenz aber das einer oder andere Kriterium bei der Entscheidungsfindung relevanter.
Der Durchschnittswert in der unteren roten Zeile liefert in jedem Fall, unabhängig von den eigenen Präferenzen (Rendite vs maximaler Rückzahlungsbetrag), eine zuverlässige Information, was die durchschnittliche erwartete Rendite nach realem Rentenwachstum betrifft. Frauen profitieren gemäß Durchschnitt bereits von einer Einzahlung in die gesetzliche Rente, wenn diese wertmäßig im Zeitablauf inflationsbereinigt, also real, stabil bleibt (Wachstum = 0%). Für Männer dagegen sollten es schon mehr als 1% reales Rentenwachstum p.a. sein, damit sich eine Einzahlung aus finanzieller Sicht lohnt.
Die folgenden beiden Tabellen sind dagegen für die „Rückzahlungs-Maximierer“ gemacht. Konkret wird das Verhältnis von 0%-Barwert, was inhaltlich den erwarteten Rückzahlungsbeträgen entspricht, zu ursprünglichem Investment abgebildet. Liegt der Wert unter 100%, dann ist zu erwarten, dass die Einzahlung zu Beginn im Zeitablauf nicht wieder hereingeholt wird. Diesmal zuerst die Frauen:
Und hier die Männer:
Grundsätzlich lohnt es sich für beide Geschlechter bei hohen realen Wachstumsraten (>= 1%) möglichst früh einzuzahlen. Denn dann „verzinst“ sich der erworbene Rentenpunkt noch lange vor der Auszahlung. Aus dem gleichen Grund ist es bei negativen Wachstumsraten klüger die Einzahlung zurück zu halten. Wieder muss jeder für sich bestimmen, wie er die zukünftige Entwicklung der Rentenerhöhungen einschätzt.
Spannend ist die Spalte „0,5% reales Rentenwachstum“. Während bei Frauen der optimale Einzahlungszeitpunkt möglichst früh ist, liegt dieser bei Männern genau umgekehrt am hinteren Ende des Zeitfensters. Der Grund liegt in den Unterschieden der Sterbestatistiken von Frauen und Männern. Beide Geschlechter gewinnen mit zunehmendem Alter an gesamter Lebenserwartung hinzu. Bei Männern ist dieser Effekt jedoch stärker als bei Frauen, und überkompensiert die Vorteile durch das (geringe) reale Wachstum.
Welche reale Wachstumsrate der Rente ist langfristig realistisch?
Im weiteren Verlauf müssen wir dringend Parameter reduzieren, sonst wird alles zu unübersichtlich. Denn schließlich kommt gleich im finalen Schritt noch mal zusätzliche Komplexität ins Spiel, indem wir auch Steuereffekte in die Berechnung einfließen lassen. Dafür legen wir uns auf eine reale Wachstumsrate fest. Folgende Tabelle beschreibt die Entwicklung der Rente und der Inflation in Deutschland in den letzten 15 Jahren, und dient als Orientierungshilfe für zu erwartende künftige Rentenerhöhungen:
Die richtige Wahl ist der geometrische Mittelwert, denn dieser berücksichtigt auch den Zinseszinseffekt. Im weiteren Verlauf orientieren wir uns an dem konservativen West-Wert und nehmen eine reale Rentenerhöhung i.H.v. 0,5% p.a. an.
Jetzt das Finale: die Nachsteuer-Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung
An dieser Stelle folgen 2 Tabellen, jeweils eine je Geschlecht. Jede Tabelle ist in drei Hauptsektionen unterteilt, die für 3 verschiedene Grenzsteuersätze während der Einzahlung stehen: 42%, 30% und 20%. Jede der drei Hauptsektionen untergliedert sich in wiederum 3 Untersektionen, die für den Grenzsteuersatz während der Rentenphase stehen. Die einzelnen Zellen enthalten die jährliche Rendite in Abhängigkeit von der Steuerkonstellation und des Alters bei Einzahlung. Einige Spalten sind wieder aufgrund des bereits beschriebenen Problems mit dem internen Zinsfuß ausgegraut. Hier kann aufgrund der bekannten Problematik die Rendite nicht immer eindeutig dazu genutzt werden den optimalen Zeitpunkt der Einzahlung zu bestimmen. Die Durchschnittswerte in der unteren roten Zeile sind jedoch in jedem Fall informativ. Diesmal zuerst die Männer, die aufgrund ihrer besonderen Sterbestatistik für ein reales Wachstum von 0,5% p.a. unter Berücksichtigung von Steuereffekten oft auch zuverlässige Schlüsse auf der Ebene des Einzahlungszeitpunktes erlauben.
Dagegen sind die Daten bei den Frauen mit besonderer Vorsicht zu genießen, Barwert und Rückzahlungssumme verhalten sich immer gegensätzlich. Daher sind alle Spalten ausgegraut.
Allgemein gilt: je größer der Unterschied bei der Besteuerung zwischen Einzahlungs- und Rentenphase, desto vorteilhafter sind Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung. Auf der Detailebene fällt auf, dass sich für Männer Einzahlungen erwartungsgemäß nur dann lohnen, wenn der Grenzsteuersatz während der Einzahlungsphase hoch ist. Für Frauen lohnt sich die gesetzliche Rente aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung dagegen fast immer. Innerhalb eines Umlagesystems kann der eine nur auf Kosten des anderen gewinnen. Und ganz besonders ist immer zu beachten, dass jede Einzahlung in die Rentenversicherung einen wertvollen Solidarbeitrag darstellt.
Fazit
Einzahlungen in die Rente haben allgemein eine geringe Rendite. Ein Vergleich mit anderen Asset-Klassen muss jedoch risikoadjustiert erfolgen. Denn Ansprüche aufgrund von Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung sind quasi staatlich garantiert, und deshalb nicht mit Investments in Aktien zu vergleichen. Eine bessere Benchmark sind Bundesanleihen, deren Renditen bereits seit längerem im negativen Bereich liegen. Dann erscheinen Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung im heutigen Zinsumfeld und unter Berücksichtigung von Steuereffekten oft zurecht vorteilhaft.
Eine Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung sollte außerdem bis zu der Grenze, die die eigenen Grundbedürfnisse sichert, auch mehr als Versicherung für das Langlebigkeitsrisiko statt als Investment betrachtet werden. Renditeüberlegungen sind an dieser Stelle also nur sinnvoll, wenn die wichtigsten Bedürfnisse bereits finanziell gesichert sind.
Abschließend sei noch erwähnt, dass nicht unbegrenzt viele Mittel in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden können. Es gibt Grenzen bis zu denen die Beiträge noch steuerlich anerkannt werden. Wer im Alter den gewohnten Lebensstandard weiter aufrechterhalten möchte, der braucht unbedingt zusätzliche Einkommensquellen.
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„Wer im Alter den gewohnten Lebensstandard weiter aufrechterhalten möchte, der braucht unbedingt zusätzliche Einkommensquellen.“
Ja, die Rentenlücke… das liest man öfter.
Vor ca.20 Jahren hörte ich im Radio, dass das Sinken des Rentenniveaus um 2030 auf 43% erwartet wird.
Da beschloss ich, mich darauf vorzubereiten, indem ich nur noch 43% meines Nettogehalts ausgebe, also mich an einen entsprechend niedrigen (aber trotzdem nicht elenden) Lebensstandard gewöhne. Hat einige Jahre gedauert, aber lange vor Rentenbeginn hatte ich das Ziel erreicht. Heute bekomme ich 1542€/mo Rente netto vor Steuern, und kann davon ca. 300 zurücklegen (muss ich auch, weil die Steuer erst im Folgejahr fällig wird). Ab nächstem Jahr kommt noch ca. 250 Siemens-Betriebsrente dazu 🙂
So kann man das Thema Rentenlücke natürlich auch angehen. Anstatt diese zu schließen, sich einfach darauf zubewegen 🙂
Ja, ich habe mich damals für Frugalismus entschieden, Jahre bevor ich den Begriff überhaupt kannte.. War halt Krisenzeit: Scheidung, Versorgungsausgleich, Personalabbau in der Firma.. Da wollte ich auf Nummer Sicher gehen, hat geklappt.
Mit den Ersparnissen seitdem habe ich ein Depot aufgebaut, das aktuell 660/mo Nettorendite abwirft. Die werden aber reinvestiert, zugunsten der Erbmasse für meine Töchter 😀
Deine Töchter werden Dir sicherlich einmal sehr dankbar sein, ohne Zweifel 🙂
Ja, das war meine Entscheidung, als ich (mit 62!) ins Wertpapiergeschäft eingestiegen bin:
Schade, dass du nichts aus dem Depot entnehmen willst. Ich finde ja, jede Generation ist selbst für ihr finanzielles Wohlergehen verantwortlich und es gibt kein „Recht“ auf Erbe.
Ich an deiner Stelle würde ja – mindestens maßvoll – auch das Depot entsparen und nicht nur die Dividenden entnehmen.
Wenn etwas übrig bleibt, schön für die Erbinnen, aber nicht um den Preis, dass du dich einschränkst.
Psychologischer Vorteil des „Sondervermögens“: galvanische Trennung.
Es ist ja nicht mehr „mein“ Geld, ich verwalte es nur nach bestem Wissen und Gewissen für die Berechtigten, und kann ruhig schlafen, selbst in der Corona-Krise, wo der Buchwert im März um 38% eingebrochen ist.
Aktuell noch -16%. Dagegen setze ich vor allem auf Sparpläne in Dividenden-ETFs, gelegentlich verkaufe ich Bundesanleihen mit hohem Profit, oder L Brands dto., um in AT&T zu reinvestieren…
Es ist nicht einfach, aber macht Spaß 😀
Hallo Georg,
die Renditen schauen wirklich überschaubar aus.
Du solltest vl. noch erwähnen, dass die Einzahlung in die DRV auch eine Risikokomponente beinhaltet wie z.b. die Erwerbsminderungsrente oder Eingliederungshilfen. Je nachdem ob man diese Absicherungen schätzt könnte man den Anteil der Einzahlung für die eigentliche Rente entsprechend reduzieren. In manchen Berechnungen sieht man hier z.B. die Annahme von 80%. Damit steigt die „Rendite“ leicht.
Bei PKV Versicherten erhöht sich der Wert eines Rentenpunkts auch noch mal leicht um aktuell 7,3%. Das wird die Rendite aber auch nicht mehr groß verändern…
Gruß Thomas
Besser sieht es aus, wenn man die annualisierte Ertragsrendite betrachtet.
Beispiel: schon in Rente, 10k freiwillige Beiträge eingezahlt, erhöht ab Folgemonat die Rente netto vor Steuern um 40€/mo, 480€/yr, macht 4.8% Ertragsrendite.
Vergleichbar mit 10k in Wertpapiere mit 4.8% Brutto-Ertragsrendite, nur dass die natürlich auch verkauft oder vererbt werden können.
Total Return kann man berechnen als
TR = -Summe Kaufpreise + Summe Erträge + Verkaufspreis
Letzterer ist halt 0 bei Renten.. positiver TR ergibt sich nach Amortisation: im Beispiel nach 20.8 Jahren (ohne Berücksichtigung von Rentenanpassung, Steuern usw.)
„Wer früher stirbt, ist länger tot“ und hat halt negativen TR, aber eh keine Taschen im letzten Hemd…
Wenn es um die annualisierte Ertragsrendite geht, dann ist die Rente wirklich stark. Insbesondere dann, wenn man erst spät einzahlt. Um bei gleichem Risiko eine höhere Rendite mit Aktien + Entnahmestrategie erwarten zu dürfen muss man schon recht früh investieren.
Hi Thomas,
die von Dir verlinkte Studie war wirklich sehr interessant.
Es ist absolut richtig einen Teil der Rentenbeiträge nicht zu berücksichtigen, da damit andere Versicherungsleistungen erworben werden. Wenn man den Faktor wie in der Studie bei 0,8 festlegt, dann steigt die Rendite schon recht ordentlich an. Anbei habe ich das mal für Männer mit den Grenzsteuersätzen 40% / 25% berechnet (siehe Grafik anbei).
Auch sehr interessant in der von Dir erwähnten Studie finde ich die nach Rentenhöhe gegliederten Sterbetafeln. Wer mehr Rente bezieht lebt statistisch länger. Dadurch verschärft sich die Problematik bei der Rente meiner Meinung nach weiter. Es werden im Endeffekt noch mehr Geringverdiener zur Finanzierung eines Gutverdieners benötigt.
Das mit der PKV ist interessant. Aktuell wäre ich davon auch noch betroffen. Gibt es dazu eine Quelle?
Gruß, Georg
„Anspruch auf Beitragszuschuss haben Sie allerdings nur, wenn Ihr privates Versicherungsunternehmen der deutschen Aufsicht oder der Aufsicht eines Staates unterliegt, der das Europarecht anwendet. Auf den Umfang des vereinbarten Tarifes oder Versicherungsschutzes kommt es nicht an. Es genügt, wenn einer der folgenden Tarife von Ihnen abgeschlossen worden ist:
Die Höhe des Beitragszuschusses richtet sich nach dem allgemeinen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung. Wie bei Plichtversicherten zahlen wie den halben Krankenkassenbeitrag, der auf Ihre Rente entfallen würde. Bei einem Krankenkassenbeitrag von 14,6 Prozent zahlen wir also einen Zuschuss in Höhe von 7,3 Prozent Ihrer Bruttorente. Darüber hinaus beteiligen wir uns auch beim kassenindividuellen Zusatzbeitrag zur Hälfte.“
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/In-der-Rente/Kranken-und-Pflegeversicherung-der-Rentner/kranken-und-pflegeversicherung-der-rentner.html
Nicht erwähnt ist die Kappungsgrenze: sollten die PKV-Beiträge mehr als 14.6% + Zusatzbeitrag ausmachen (bei Rentnern leider sehr häufig, wenn nicht immer), gibt es nur die 7.3%.
Das stimmt, dadurch wird sicher nur ein kleiner Teil des PKV Beitrags finanziert. Aber je höher die Rente z.B. durch Zusatzeinzahlung desto höher eben der Beitrag den die DRV als Beitragszuschuss beisteuert. Macht sicher nicht viel aus, aber mitnehmen kann man es ja.
In der WiWo wurde das auch schon mal betrachtet leider nur als Premium Link: https://www.wiwo.de/my/finanzen/vorsorge/altersvorsorge-bis-45-jahre-beitragsluecken-schliessen/21236114-3.html
Über meine Berufszeit habe ich den Verlockungen der PKV immer widerstanden, auch über BBG halt freiwillig gesetzlich. Dadurch war KVdR auch kein Problem.
Ab nächstem Jahr werden zwei Betriebsrenten KV-pflichtig (vorher unter Freigrenze). Muss halt..
Als Sohn eines Arztes und einer Ärztin setze ich, soweit irgend möglich, auf Selbstheilungskräfte. Ging 64 Jahre lang meist gut – man soll, außer im Notfall, keine schlafenden Ärzte wecken 🙂
Ist der Unterschied zwischen PKV und GKV-Versicherten Rentnern bezogen auf die freiwillige zusätzliche GRV-Rente nicht insgesamt 14,6%, da er nicht nur nicht die 7,3% Zuschuss erhält sondern auch selbst 7,3% von der zusätzlichen Rente in die GKV einzahlen muss (obwohl er ja die freiwillige Zahlung aus verbeitragtem Geld geleistet hat)?
So, wie ich das verstehe:
die DRV trägt bei GKV-Versicherten den halben Beitrag, also 7.3%. Den Rest zahlt der Versicherte selbst.
Bei PKV zahlt die DRV auch 7.3% als Zuschuss aus, den Gesamtbeitrag muss der Versicherte zahlen.
So verstehe ich das auch. Deshalb ist die Rendite bei freiwilliger Einzahlung in die RV für PKV-Versicherte deutlich attraktiver (der gesamte GKV/PV-Beitrag von rund 18%).
Der Gesamtbeitrag in der PKV ist ja immer gleich hoch, unabhängig von der Höhe der Rente.
Abbildung 3 und 4 Überschrift falsch. GKV durch DRV /GRV ersetzen. Ansonsten wieder super Artikel. Vielen Dank
Danke für den Hinweis, da hab ich wohl was durcheinander gebracht 🙂
[…] Die Rente ist sicher … nicht ausreichend. Das haben die meisten Deutschen wohl verstanden. Dennoch sorgen viele nicht privat zusätzlich vor. Bei aller Kritik an der gesetzlichen Rentenversicherung, sollte man sie aber auch nicht komplett abschreiben. Lass dich also nicht von selbstständigen Finanzbloggern und Finanzmentoren verunsichern. Letztendlich kann man keine hohe Rendite erwarten – dafür allerdings eine (ziemlich) sichere Auszahlung. Ein Vergleich mit risikoreicheren Aktien ist daher nicht fair. Georg rechnet es vor >>> Kannst du wirklich aufhören zu arbeiten? // Erfolg und Validierung im Beruf […]
Hallo Georg,
ein 99jähriger erreicht nur mit einem Drittel Wahrscheinlichkeit den 100. Geburtstag? So weit ich weiss, hat ein 99jähriger im Schnitt eine Lebenserwartung von ca. 1 Jahr. Da müsste die Wahrscheinlichkeit doch bei über 50 % liegen, oder nicht?
Hi, da es in der Gruppe der 99 Jährigen nicht so viele Beobachtungen gibt, kann ich mir gut vorstellen dass es hier je nach Quelle zu Abweichungen kommt. Meine Daten basieren auf den 2017er Sterbetafeln von Destatis, und da versterben ca 66% der 99 Jährigen bevor sie 100 werden.
Habe gerade bei Destatis nachgeschaut und nur Zahlen für 100jährige gefunden, aber ich denke, es müssten 66% sein, die das nächste Jahr erleben, also wohl ein Zahlendreher.
Die Lebenserwartung für 100 jährige Männer beträgt jedenfalls 1,8, für Frauen 2 Jahre. Ca. 40% sterben, ca. 60% erleben das nächste Jahr.
Ist jetzt aber auch nicht soooo wichtig:)
Das sind doch mal gute Neuigkeiten für alle 99 Jährigen 🙂
Für mich nicht ganz. Ich bezahle seit 2005 eine Immobilie ab auf Rentenbasis (ähnlich wie Mietkauf). Die Vorbesitzerin ist ist jetzt fast 94, ich muss solange zahlen, bis sie stirbt, bzw. bis sie 102 Jahre alt ist. Nach dieser Datenlage stelle ich mich wohl darauf ein, dass ich das Haus bis zur letzten Rate abzahle. War dann trotzdem eine gute Sache – nur Tilgung, keine Zinsen und der Wert hat sich ordentlich entwickelt (Großraum Stuttgart).
Interessantes Finanzierungskonzept!Und wenn die gute Frau 103 wird? Versiegt dann der Rentenstrom?
Ja, der Immobilienwert (von 2005) ist exakt abgezahlt, wenn sie 102 geworden ist. Zum Glück haben wir damals keine Inflationssteigerung vereinbart. Die Summe die ich monatlich zahle ist seit 2005 die gleiche.
Fussnote: Ein 47jähriger Rechtsanwalt machte vor vielen Jahren einen ähnlichen Deal, allerdings gegen eine Leibrente auf Lebenszeit mit einer damals 90jährigen und ihrer Wohnung. Dummerweise handelte es sich um Jeanne Calment (ältester Mensch der Geschichte), sie wurde 122! Der Rechtanwalt starb deutlich vor ihr.
Wie immer ein sehr interessanter & gut recherchierter Artikel. Danke dafür. Interessant insbesondere, wie sich die Renditen der GRV in Abhängigkeit von den Steuersätzen verhalten.
Für mich persönlich finde ich die Rendite der gesetzlichen Rente doch ernüchternd und nicht wirklich attraktiv, da mit vorhandenen Rentenpunkten, einer bAV sowie einer selbstbewohnten Immobilie die Grundbedürfnisse gedeckt sein sollten. Auch wenn es risikoadjustiert nicht fair ist zu vergleichen: da baue ich in den verbleibenden 10 Jahren lieber weiter mein Depot mit mutmaßlich besserer Rendite aus.
@suchenwi: Ich gebe auch nur ca. 50% meines Einkommens aus. Ist dann mein Ziel für die nächsten Jahre: auf 43% zu kommen; -)
Bettina,
man sollte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die gesetzliche Renten“versicherung“ ist eine Konstruktion, die das Langlebigkeitsrisiko abdeckt und konstante Zahlungen abwirft (oder sogar mit der Inflation steigende!).
Auf dem privaten Sektor vergleichbar ist eine private Rentenversicherung, in der definitionsgemäß hauptsächlich festverzinsliche Wertpapiere drinstecken (die man zufälligerweise auch „Renten“ nennt).
Man kann sich auch selbst ein ähnliches Vehikel konstruieren, nämlich einen Auszahlungsplan: Du nimmst eine bestimmte Summe festverzinslicher Wertpapiere, nimmst einen Zins an, den Du jährlich erwirtschaftest (Für unsere jungen Leser: In historischer Zeit bekam man mal Geld dazu, wenn man Geld auf die Bank legte. Heute ist das ja bekanntlich anders.) und ein Endalter, bis zu dem Dein Geld reichen soll. Vorteil: Wenn Du vorher stirbst, ist was für die Erben übrig. Nachteil: Wenn Du nachher stirbst, hast Du am Ende kein Geld mehr.
Ein Aktienportfolio (egal, wie man es nun im Detail gestaltet) ist eine andere Anlageklasse, die man nur mit Zurückhaltung mit festverzinslichen Wertpapieren vergleichen sollte.
Wenn ich aktuell Gleiches mit Gleichem vergleiche, nämlich private Rentenversicherung, gesetzliche Rentenversicherung und Versorgungswerk, dann hat die gesetzliche Rentenversicherung von der erwarteten Rendite her die Nase vorn – allerdings kann man halt nur ein höchst begrenztes Volumen dort dazuzahlen.
Anders gesagt: Wer aktuell eine private Rentenversicherung bespart, hätte mehr von seinem Geld, wenn er es in die gesetzliche Rentenversicherung stecken würde (so er es darf).
(Ich stecke mein Gespartes auch zum großen Teil in den Aktienmarkt, überlege mir aber ernsthaft, mit z.B. 10 Mille jährlich mein gesetzliches Rentenkonto aufzupeppen.)